Der Insolvenzverwalter fordert Einlage und Ausschüttungen zurück!
Mit Beschluss des Amtsgericht Chemnitz vom 2.1.2017 (Az. 15 IN 840/16) wurde über das Vermögen der Ersten Oderfelder Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG das Insolvenzverfahren eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Frank-Rüdiger Scheffler bestellt. Der Eröffnung ging ein Antrag der Insolvenzschuldnerin am 23.8.2016 voraus.
Anleger der Ersten Oderfelder Beteiligungsgesellschaft mbH & Co. KG haben unerfreuliche Post bekommen. Der Insolvenzverwalter fordert nun nicht nur Ausschüttungen zurück. Betroffen sind vielmehr auch Anleger, die auch ihr Kapital zurückerhalten hatten.
Bei den Zahlungen, die die Insolvenzschuldnerin als Ergebnisbeteiligung bzw. nach Ablauf der stillen Gesellschaft Höhe der Einlage an die Anleger gezahlt hat, handelt es sich nach Ansicht des Insolvenzverwalters "teilweise um unentgeltliche Leistungen", denn sie basierten lediglich auf Scheingewinnen, welche die Insolvenzschuldnerin in Wirklichkeit nie erwirtschaftet oder ausgewiesen habe. Tatsächlich habe die Insolvenzschuldnerin "mindestens seit dem Jahr 2013 keine Gewinne, sondern erhebliche Verluste" erzielt.
§ 134 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) lautet:
"Anfechtbar ist eine unentgeltliche Leistung des Schuldners, es sei denn, sie ist früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden."
Bei der Insolvenzschuldnerin handelte es sich um eine Beteiligungsgesellschaft, deren alleinige Aufgabe es gewesen war, bei Anlegern Gelder einzusammeln und diese der Zielgesellschaft Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG als Darlehen zur Verfügung zu stellen. Mit diesem Darlehen sollten die Geschäfte des von der Lombardium Hamburg GmbH & KG betriebenen Luxus-Pfandleihhauses finanziert werden. Die eingeworbenen Darlehensmittel seien jedoch nicht für den prospektierten Zweck, nämlich der Vergabe von Pfandkrediten gegen Pfandsicherheiten durch die Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG verwandt worden. Vielmehr seien die Gelder unbesichert als normale Darlehen an andere Gesellschafter der sogenannten Lombardium-Gruppe oder Dritte ausgereicht worden. Soweit die Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG Pfandleihegeschäfte betrieben habe, sei ein Großteil dieser Geschäfte entweder erfunden oder fingiert gwesen. Weiterhin seien zahlreiche der Gegenstände, welche die Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG als Sicherheit für ausgezahlte Pfandkredite gehalten hat, als Pfandsicherheit ungeeignet gewesen oder hätten sich als wertlos oder einfache Fälschungen herausgestellt.
Die Lombardium Hamburg GmbH und Co. KG und die Beteiligungsgesellschaft habe nur deswegen Zahlungen an die Anleger leisten können, weil sie zuvor bei neuen Anlegern Gelder eingesammelt habe.
Aus diesen Gründen und, weil die Lombardium Hamburg GmbH & Co. KG schließlich sogar Insolvenzantrag stellen musste, seien die Darlehen, welche die Insolvenzschuldnerin an das Pfandleihhaus ausgereicht hatte, nicht werthaltig gewesen und hätten neu bewertet werden müssen. Deshalb habe der Unterzeichner neue und zutreffende Jahresabschlüsse der Insolvenzschuldnerin aufgestellt. Diese seien durch die Trinavis GmbH & Co. KG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft geprüft worden.
Dies habe zu der Feststellung geführt, dass den Anlegern mehr ausgezahlt worden sei, als ihnen nach dem Vertrag über die Errichtung der stillen Gesellschaft, den die Anleger mit der Insolvenzschuldnerin abgeschlossen hatten, zugestanden habe. Bei der Überzahlung handele es sich um eine nach der Insolvenzordnung anfechtbare Zuwendung.
Ob die Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalters berechtigt ist oder nicht, wird man prüfen müssen. Die Beweislast für das Vorliegen einer unentgeltlichen Leistung liegt beim Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter wird im Streitfall insbesondere das Vorliegen des von ihm behaupteten Schneeballsystem zu beweisen haben.
Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn der Schuldner bewusst eine rechtsgrundlose Leistung erbringt, mag auch der Empfänger aufgrund eines von dem Schuldner hervorgerufenen Irrtums meinen, eine vertraglich geschuldete Leistung erhalten zu haben. Im Unterschied dazu liegt keine Unentgeltlichkeit vor, wenn der Schuldner annahm, zu der Leistung wirksam verpflichtet gewesen zu sein.
In Betracht kommt auch, dass sich betroffene Anleger auf eine „Entreicherung“ (§ 143 Abs. 2 Satz 1 InsO) berufen können. Die Vorschrift lautet:
"Der Empfänger einer unentgeltlichen Leistung hat diese nur zurückzugewähren, soweit er durch sie bereichert ist."
Entreicherung liegt vor, wenn der erlangte Vorteil nicht mehr im Vermögen des Empfängers enthalten ist und auch sonst kein auf die Zuwendung zurückzuführender Vermögensvorteil mehr vorhanden ist. Die Beweislast liegt hier bei demjenigen, der sich auf die Entreicherung beruft.
Betroffene können sich gerne an Rechtsanwalt Dr. jur. Andreas Rohde wenden.