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Kündigung eines Bankkredits wegen Zahlungsverzugs: BGH lehnt Anspruch der Bank auf eine abstrakt berechnete Vorfälligkeitsentschädigung ab!

Die Entscheidung des 17. Zivilsenates des OLG Frankfurt am MainAz. 17 U 130/14 – lässt sich wie folgt zusammenfassen:

§ 497 Abs. 1 BGB als Sondervorschrift für die Schadensberechnung bei Krediten, die wegen Zahlungsverzugs gekündigt werden, lässt neben dem gesetzlichen Anspruch auf Verzugszinsen keinen Anspruch auf eine abstrakt zu berechnende Vorfälligkeitsentschädigung zu. Solange sich der Schuldner in Verzug befindet, schließt die Regelung in § 497 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 die Geltendmachung einer weitergehenden Vorfälligkeitsentschädigung als zusätzlichen Erfüllungsschaden aus. Nach der gesetzlichen Regelung zum Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § BGB § 497 Absatz 1 BGB ist die Bank somit weder berechtigt, den eigenen Verwaltungsaufwand als Verzugsschaden geltend zu machen, wenn sie gleichzeitig Verzugszinsen gemäß § 497 Absatz 1 Satz 1 BGB verlangt, noch kann sie außerhalb eines Verzögerungsschadens eine Vorfälligkeitsentschädigung als entgangenen Gewinn im Sinne der §§ 280, 249, 252 BGB erfolgreich geltend machen.


Die Klägerin nahm die Beklagte auf die Rückzahlung einer von ihr und ihrem Ehemann gemeinsam geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung aus einer Immobilienfinanzierung in Anspruch. Die Beklagte hatte nach dem Auftreten von Zahlungsrückständen die Kündigung des Darlehensvertrages erklärt und die Klägerin und ihren Ehemann zur Rückzahlung des offenstehenden Betrages von 102.002,78 Euro nebst 2,62 % Zinsen p. a. zuzüglich eines von ihr errechneten Refinanzierungsschadens in Höhe von 9.118,18 Euro aufgefordert. Als die Beklagte die Verwertung der zugunsten der Beklagten bestellten Grundschuld in Höhe einer Summe von 145.000,00 Euro betrieb, kam es anschließend zur notariellen Veräußerung des Grundstücks, anlässlich derer der Notar den Käufer zur Überweisung des Kaufpreises in Höhe von 229.000,00 Euro auf das Konto der Klägerin und ihres Ehemanns bei der Beklagten veranlasste. Davon übertrug die Beklagte neben dem offenen Darlehensbetrag nebst Verzugszinsen auch eine Vorfälligkeitsentschädigung auf das bei der Beklagten geführte Darlehenskonto, worauf anschließend die als Sicherheit dienende Grundschuld gelöscht wurde. Dabei ermittelte die Klägerin die zu ihren Gunsten vereinnahmte Vorfälligkeitsentschädigung auf der Grundlage der am Tage der vollständigen Rückzahlung noch offenen Darlehensschuld mit 8.206,38 Euro, deren Rückzahlung die Klägerin sowohl aus eigenem Recht als auch zugleich aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes geltend gemacht hat.


Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Es hatte ausgeführt, der Klägerin stehe kein Anspruch auf Rückforderung der geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, da die Beklagte gem. § 498, 280 BGB neben dem Verzugsschaden insoweit auch die Vorfälligkeitsentschädigung als denjenigen Schaden ersetzt verlangen könne, welcher ihr durch die vorzeitige Kündigung des Darlehens entstanden sei. Eine Beschränkung des Anspruchs des Darlehensgebers bei Kündigung auf den reinen Verzugsschaden gem. §§ 503 Abs. 2, 497 Abs. 1 BGB komme nicht in Betracht, da zwischen dem Verzugsschaden als Verzögerungsschaden und dem Erfüllungsschaden zu unterscheiden sei. Auch aus der Regelung des § 497 Abs. 1 BGB ergebe sich nichts anderes. Dass der Darlehensnehmer nach dem Wortlaut des § 497 Abs. 1 BGB den „geschuldeten Betrag“ zu verzinsen habe, stelle eine Regelung über den Verzugsschaden dar, ohne dass sich daraus eine Aussage zu einem Erfüllungsschaden ergebe. Auch wenn § 503 Abs. 1 BGB anordne, dass die Vorschrift des § 502 BGB auf Immobilienverträge keine Anwendung finde, führe das nicht zu einem Ausschluss der Geltung des § 490 Abs. 2 BGB für Immobiliendarlehensverträge. Vielmehr entstünde andernfalls ein Wertungswiderspruch, wenn der Vertragstreue, das Darlehen vorzeitig kündigende Darlehensnehmer einen Schadensersatz in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müsste, während der säumige Darlehensnehmer im Falle einer auf seinen nicht vertragsgerechtes Verhalten zurückzuführenden Kündigung durch den Darlehensgeber einen solchen Schadensersatz nicht schulde. Insoweit würde andernfalls auch ein Anreiz geschaffen, während einer Phase sinkender Zinsen anstelle einer eigenen Kündigung nach § 490 Abs. 2 BGB eine Kündigung durch den Darlehensgeber zu provozieren, um im Anschluss hieran eine günstigere Zinsvereinbarung bei einem neuen Darlehen vereinbaren zu können.


Das Berufungsgericht sah die Rechtslage anders. Das OLG Frankfurt am Main – 17. Zivilsenat – entschied, dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der an die Beklagte geleistete Vorfälligkeitsentschädigung gem. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB zustehe, da die Beklagte nicht berechtigt war, aus dem auf das bei ihr geführte Konto überwiesenen Kaufpreis eine Vorfälligkeitsentschädigung in der verbliebenen Höhe von 8.206,38 Euro zu vereinnahmen. Grundsätzlich kann bei der Grundstückszwangsversteigerung aus einer Grundschuld der Sicherungsgeber, d.h. die Klägerin und ihr Ehemann von der Sicherungsnehmerin (Beklagten) die Herausgabe des Erlöses bzw. Übererlöses als Rückgewährsanspruch verlangen (BGHZ 155, 63 ff.; Palandt/Bassenge, 70. Aufl. 2014, § 1191, Rn. 32). Der Sicherungsgeber hat einen durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingten Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld, der sich in der Zwangsversteigerung bei einer teilweise nicht mehr valutierenden Grundschuld am Übererlös fortsetzt (OLG Frankfurt, Urteil vom 23.11.2011, 9 U 76/10, WM 2012, 2280-2285, Rn. 47; BGH, Urteil vom 11.10.1995, XII ZR 62/94). Die Klägerin und ihr Ehemann als Zedent der an die Klägerin übertragenen Ansprüche können als Sicherungsgeber grundsätzlich die Rückzahlung des Betrages von noch 8.206,38 Euro verlangen, welchen die Beklagte aus dem überwiesenen Kaufpreis in Höhe von 299.000,00 Euro auf das bei der Beklagten geführte Konto für die Vorfälligkeitsentschädigung einbehalten hatte.
Das OLG Frankfurt – 17. Zivilsenat – führte dann weiter aus:

„Auch wenn die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung als solche inhaltlich nicht in Frage gestellt wird, ist grundsätzlich mit dem BGH (Anerkenntnisurteil vom 15.01.2013 – XI ZR 512/11) davon auszugehen, dass § 497 Abs. 1 BGB als Sondervorschrift für die Schadensberechnung bei Krediten, die wegen Zahlungsverzugs gekündigt werden, neben dem gesetzlichen Anspruch auf Verzugszinsen keinen Anspruch auf eine abstrakt zu berechnende Vorfälligkeitsentschädigung zulässt. Solange sich der Schuldner in Verzug befindet, schließt die Regelung in § 497 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 die Geltendmachung einer weitergehenden Vorfälligkeitsentschädigung als zusätzlichen Erfüllungsschaden aus. Nach der gesetzlichen Regelung zum Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § BGB § 497 Absatz 1 BGB ist die Klägerin somit weder berechtigt, den eigenen Verwaltungsaufwand als Verzugsschaden geltend zu machen, wenn sie gleichzeitig Verzugszinsen gemäß § 497 Absatz 1 Satz 1 BGB verlangt, noch kann sie außerhalb eines Verzögerungsschadens eine Vorfälligkeitsentschädigung als entgangenen Gewinn im Sinne der §§ 280, 249, 252 BGB erfolgreich geltend machen. Der jeweilige gesetzliche Zinssatz tritt mit Eintritt des Zahlungsverzugs an die Stelle des von den Parteien vereinbarten Zinssatzes. Insoweit ist der Beklagten zwar im Ergebnis zu folgen, dass diese Rechtsfolge im Ansatz zwar eine Privilegierung des vertragsbrüchigen Schuldners gegenüber dem Vertragstreuen zur Folge hat (So der Vorwurf von Emmerich JuS 1991, 705, 710), doch dürften die drohenden Folgen des § 498 BGB mit der Gesamtfälligstellung bzw. bei Immobiliardarlehensverträgen mit der Verzinsung in § 503 Abs. 2 BGB einen Anreiz zum Vertragsbruch eher ausschließen. Neben dem vorstehend skizzierten Schadensersatz scheidet ein weitergehender Erfüllungsschaden jedenfalls aus.

Die Beklagte kann sich demgegenüber – so der 17. Zivilsenat – auch nicht darauf berufen, dass mit Rückführung der Darlehensvaluta durch die Überweisung des Kaufvertrages der eigentliche Rückzahlungsanspruch gem. § 362 BGB mit der Folge erloschen sei, dass sich der Darlehensnehmer in diesem Zeitpunkt nicht mehr in Verzug befinde und die Bank deshalb ab diesem Zeitpunkt Schadensersatz in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung geltend machen könne. Während neben dem Verzugsschaden gem. § 497 I BGB jedenfalls ein weiterer Schadensersatzanspruch auf Ersatz des Erfüllungsschadens ausgeschlossen ist, folgt daraus hinsichtlich der Vorfälligkeitsentschädigung im Umfang der Klageforderung in Höhe von 8.206,38 Euro ein auf die einbehaltene Vorfälligkeitsentschädigung gerichteter Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB. Indem die Klägerin und der Zedent Verzugszinsen für das im Kündigungszeitpunkt fällige und nicht gezahlte Kapital schulden, ohne gleichzeitig eine zu diesem Zeitpunkt fällige Vorfälligkeitsentschädigung geltend machen zu können, kann es vorliegend – so das Berufungsgericht – dahingestellt bleiben, ob die Beklagten einen vorliegend nicht geltend gemachten weiteren Verzugsschaden entsprechend § 497 I 3 BGB hätte beanspruchen können.

Eine abweichende Beurteilung kann – so das OLG – auch nicht aus der Entscheidung des OLG München vom 31.01.2014 (17 U 4313/13) hergeleitet werden. Auch wenn nach der Rückführung der eigentlichen Darlehensvaluta keine Überschneidung von als Ersatz des Verzugsschadens geltend gemachten Verzugsverzinsung und von gleichzeitig geltend gemachtem Ersatz des Zinsschadens mehr gegeben ist, besagt dies nichts für die als Erfüllungsschaden zu behandelnde Vorfälligkeitsentschädigung. Die auf eine getrennte Behandlung abstellende Ansicht ist jedoch nicht geeignet, die tragenden Gründe der Entscheidung des BGH infrage zu stellen, zumal ihr die notwendige Auseinandersetzung mit der notwendigen Begrenzung auf den reinen Verzugsschaden fehlt.“

Das OLG konnte die Frage offen lassen, ob der Darlehensgeber nach seiner Wahl im Sinne einer konkreten Schadensberechnung alternativ gemäß §§ 289 S 2, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1 und 2 i.V. m. § 286 BGB einen tatsächlich entstandenen weitergehenden Schaden ersetzt verlangen kann; jedenfalls müsste er diesen konkret darlegen und nachweisen, wozu er aber nichts vorgetragen hatte.

Mit Urteil vom 19.9.2014 hatte bereits das Landgericht NeuruppinAz. 5 O 277/13 – entschieden: Auch, wenn der Bank durch die Kündigung wegen Zahlungsrückstands rechnerisch der gleiche Schaden wie bei der Kündigung durch den Kreditnehmer entsteht, stehen der Bank neben dem Anspruch auf Verzugszinsen keine weiteren Schadensersatzansprüche, wie gerade eine Vorfälligkeitsentschädigung, zu. Nur in dem Fall, in dem die Bank einen konkret auf das Darlehen bezogenen höheren Schaden, etwa durch Refinanzierungskosten, konkret nachweist, kann sie einen weitergehenden Verzögerungsschaden ersetzt verlangen, jedoch einen Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Das Landgericht hatte ausgeführt:

„a) Auch bei einer Kündigung durch die Bank wegen Zahlungsrückständen entsteht der Bank zwar rechnerisch der gleiche Schaden wie bei einer Kündigung durch den Kreditnehmer (vgl. §§ 500, 502 BGB). Nach der bis Januar 2013 herrschenden Rechtsprechung war daher auch in diesem Fall eine Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung zulässig. Es ist jedoch davon auszugehen, dass der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs diese Rechtsprechung nicht aufrechterhalten wird. In einer mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2013 (XI ZR 512/11) hat der Senat erkennen lassen, seine bisherige Rechtsprechung zu Gunsten von Verbrauchern (Kreditnehmern) zu ändern (entgegen dem mit der Revision angegriffenen Urteil des OLG Frankfurt/Main vom 23. November 2011 - 9 U 76/10, juris Rn. 57 mwN). Es ist daraufhin ein Anerkenntnisurteil erlassen worden.

Der Senat interpretiert § 497 Abs. 1 BGB nunmehr dahingehend, dass der Bank neben dem Anspruch auf Verzugszinsen nach § 497 Abs. 1 BGB keine weiteren Schadensersatzansprüche zustehen. Die Geltendmachung eines zusätzlichen Erfüllungsschadens, der analog zur Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird, steht danach im Widerspruch zum Sinn der gesetzlichen Regelungen bei Verbraucherkrediten. Gerechtfertigt ist danach lediglich der pauschale Verzugszins nach § 497 Abs. 1 BGB. Nur wenn die Bank einen konkret auf das Darlehen bezogenen höheren Schaden, etwa durch die Refinanzierungskosten, konkret nachweist, kann sie nach § 497 Abs. 1 BGB einen weitergehenden Verzögerungsschaden ersetzt verlangen, jedoch keinen Schadensersatz wegen Nichterfüllung (vgl. auch OLG Karlsruhe, Urteil vom 19. November 2013 - 9 U 43/12, BeckRS 2013, 22396; MünchKommBGB/Schürnbrand, 6. Aufl., § 497 Rn. 8 und 18.; Möller in BeckOK BGB, Stand 1. Mai 2014, § 497 Rn. 6a).

b) Nach der gesetzlichen Regelung zum Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § BGB § 497 Abs. BGB § 497 Absatz 1 BGB ist die Klägerin somit weder berechtigt, eigenen Verwaltungsaufwand als Verzugsschaden geltend zu machen, wenn sie gleichzeitig Verzugszinsen gemäß § BGB § 497 Abs. BGB § 497 Absatz 1 Satz 1 BGB verlangt, noch kann sie außerhalb eines Verzögerungsschadens eine Vorfälligkeitsentschädigung als entgangenen Gewinn im Sinne der §§ 280, 249, 252 BGB erfolgreich geltend machen.

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